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  • Thomas Schnitzler

Nordlichter fotografieren

Aktualisiert: 16. Sept. 2023

Für die bevorstehenden Jahre 2024/2025 wird erwartet, dass die Aktivität der Nordlichter ihr Maximum erreichen wird. Diese faszinierende Erscheinung am Himmel hat mich dazu inspiriert, einen Beitrag zum Thema zu verfassen.

Während die meisten Artikel mit einer ausführlichen Erklärung darüber beginnen, wie und warum die Nordlichter, auch Aurora Borealis genannt, am Himmel erscheinen, möchte ich direkt in die Welt der Fotografie dieser atemberaubenden Naturerscheinung eintauchen.


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Nordlichter über verschneiter Landschaft in Island
Island, dunkle Nacht ohne Mondlicht, teilweise bewölkt | Canon 6D, Sigma 24mm, f/1.4, 3.2s, ISO1000


Wann und wo kann man eigentlich Nordlichter sehen?

Die Antwort ist eigentlich recht einfach, nachts, im Norden und im Winter. Je weiter man in den Norden reist, desto besser sind die Chancen. Gute Gegenden sind z.B. Island und die Lofoten, aber natürlich auch Kanada, Finnland,... Die beste Zeit ist zwischen September und April. Die beste Uhrzeit scheint zwischen 22:00Uhr und 02:00Uhr (lokale Zeit) zu liegen.

Weitere Voraussetzungen sind eine entsprechend hohe Sonnenaktivität und ein wolkenloser Himmel und möglichst wenig sonstiges Licht (z.B. Lichtverschmutzung von Städten). Der Mond kann störend sein, wenn er sehr hell ist und die Nordlichter eher schwach. Mondlicht kann aber durchaus auch positiv sein, es erhellt die sonst sehr dunkle Landschaft und führt so oft zu sehr viel schöneren Bildern.

Es gibt zahlreiche Apps und Webseiten für die Vorhersage von Nordlichtern und auch für die zu erwartende Wolkendecke. Wenn du nicht nur rein zufällig mal Nordlichter sehen möchtest, solltest du die Informationen unbedingt nutzen. Ein paar Links zu solchen Apps und Webseiten finden sich am Ende dieses Artikels.

Nordlichter in einer Wolkenücke auf den Lofoten
Manchmal hat man auch bei bewölktem Himmel Glück und sieht die Nordlichter in einer Wolkenlücke. | Canon R5, Samyang 14mm, f/2.4, 2.5s, ISO2000

Kp Index

Die Vorhersage-Apps/Webseiten geben meist den sogenannten Kp-Index an, dieser nimmt Werte zwischen 0 und 9 an. Je höher dieser Wert ist, desto weiter südlich auf der Erde kann man Nordlichter sehen.

Der Kp-Wert und die damit verbundene Vorhersage ist allerdings oft leider nicht sehr genau, insbesondere Vorhersagen für die nächsten Tage können stark von der Realität abweichen. Daher kann es vorkommen, dass man trotz niedriger gemeldeter Aktivität schöne Nordlichter am Himmel sieht. Genauso kann es sein, dass man wenig oder nichts sieht trotz eigentlich akzeptabler Vorhersage. Sind sehr hohe Werte für die nächste halbe Stunde vorgesagt, wird man in der Regel aber nicht enttäuscht.

In Island habe ich festgestellt, dass es sich schon ab einem Kp von 2 lohnt intensiv Ausschau zu halten. Man kann auch Nordlichter sehen, wenn der Wert geringer ist, diese sind aber dann meist sehr schwach/diffus und oft nur mit Hilfe einer längeren Belichtung sichtbar zu machen. Um Nordlichter in Deutschland zu sehen, muss der Kp-Wert schon auf über 7 steigen.


Zusammenfassend kann man sagen, der Kp-Wert ist zwar ein guter Anhaltspunkt, aber er ist keine exakte Vorhersage. Es lohnt sich also auch bei sehr niedrigen Werten immer mal wieder den Himmel zu beobachten und bereit zu sein, das vielleicht doch erscheinende Naturschauspiel zu fotografieren.




Welche Standorte eignen sich?

Wie bereits oben beschrieben, sollten möglichst wenig andere Lichtquellen im Bild sein, außer sie sind bewusst als Teil des Bildes gewählt (z.B. Starke Nordlichter über einer Stadt). Wichtig ist ein interessanter Vordergrund, man kann natürlich die Kamera auch nur in den Himmel halten und ausschließlich die Nordlichter fotografieren, dies wirkt aber oftmals nicht sonderlich gut. Besser ist es, ein interessanter Berg, ein Wasserfall, ein Baum oder auch ein Haus sind Teil des Bildes. Sehr gut sind auch Wasserflächen in denen sich das Nordlicht dann nochmals spiegelt. Meist sind solche Orte in der Nacht schwer zu finden, du solltest dir also optimalerweise schon am Tag Gedanken machen, welche Plätze sich gut für die Nacht eignen könnten. Schneebedeckte Landschaften eigen sich auch gut, da der Schnee das Licht etwas reflektiert und der Vordergrund damit etwas heller wird.


Nordlichter über Jökulsarlon in Island
Island Gletscherlagune Jökulsarlon, das Mondlicht hellt hier sehr schön das Eis auf und das Nordlicht spiegelt sich im Wasser. | Canon 6D, Sigma 24mm, f/2.2, 8s, ISO800

Nordlichter über der Gletscherlagune Jökulsarlon in Island
Island Gletscherlagune Jökulsarlon, Nacht mit Mondlicht | Canon 6D, Sigma 24mm, f/1.8, 5s, ISO1600


Welche Ausrüstung benötigst du?

Die richtige Kameraausrüstung spielt eine wichtige Rolle. Ein stabiles Stativ ist unerlässlich, um Verwacklungen während der langen Belichtungszeiten zu vermeiden. Eine Kamera mit manuellen Einstellungen ermöglicht die Kontrolle über Belichtung, Blende und ISO, so kannst du die besten Ergebnisse erzielen. Damit du möglichst viel vom Himmel einfängst und gleichzeitig auch die umgebende Landschaft, empfiehlt sich der Einsatz eines Weitwinkelobjektives.


Minimale Ausrüstung

  • Ein stabiles Stativ, ohne gutes Stativ geht es nicht.

  • Kamera mit der Möglichkeit die Blende, die Verschlusszeit und den ISO manuell einzustellen

  • Ein möglichst lichtstarkes Objektiv

  • Geht es auch mit deinem Smartphone? Ja und Nein, du kannst damit sicher Bilder zur Erinnerung an die Aurora Boreals machen, und wenn die Lichter sehr hell sind, dann reicht es sicher auch für Instagram, aber die Bilder sind nicht mit den Bildern moderner DSLR/DSLM Kameras vergleichbar. Sinnvoll ist auch hier die Verwendung eines Stativs und einer App, die manuelle Belichtungseinstellungen zulässt.


Optimale Ausrüstung

  • Vollformatkamera (Wir wollen Langzeitbelichtungen bei Dunkelheit machen, am Besten ist hier eine Vollformat Kamera geeignet, da diese in der Regel rauschärmere Bilder liefert als eine Kamera mit APS-C Chip oder noch kleineren Chips. Aber natürlich kann auch eine APS-C Kamera verwenden.)

  • Lichtstarkes Weitwinkelobjektiv, Anfangsblende 2.8 oder besser. Warum ist die Lichtstärke so wichtig? Dazu findest du mehr im Abschnitt "Wie stelle ich meine Kamera ein".

  • Fernauslöser oder Selbstauslöser



Sonstige Ausrüstung

  • Warme Kleidung, dieser Punkt ist nicht zu unterschätzen, du stehst oft sehr lange draußen, abhängig vom Ort kann eine dicke Jacke und leicht gefütterte Hose ausreichen, oder aber du benötigst einen dicken Schneeanzug.

  • Gute Handschuhe mit denen auch die Kamera bedient werden kann

  • Mütze und Schal

  • Warme Schuhe, warme Socken

  • Stirnlampe mit rotem Licht, um einen überhaupt in der Dunkelheit zur Location zu kommen und natürlich um ein bisschen Licht für die notwendigen Einstellungen an der Kamera zu haben. Gerade für die Einstellungen empfiehlt es sich rotes Licht zu verwenden, dies blendet nicht so sehr und deine Augen gewöhnen sich sehr viel schneller wieder an die Dunkelheit und andere, in der Nähe befindlichen Fotografen, werden zudem nicht so sehr gestört.

  • Ersatz-Akkus für die Kamera dürfen natürlich auch nicht fehlen, insbesondere dann nicht, wenn du das Glück hast und die Nordlichter halten für eine lange Zeit an.

  • Optional eine Thermoskanne mit warmen Tee.



Beispiele für lichtstarke Weitwinkel-Objektive

Das ist nur eine Auswahl, es gibt natürlich noch einige mehr, generell eignen sich alle lichtstarken Weitwinkelobjektive, die auch für die Astrofotografie eingesetzt werden.

Ganz wichtig ist, das Objektiv muss lichtstark sein! Anfangsöffnungen von 2.8 oder besser sollten es schon sein. Hast du kein solches Objektiv, heißt das nicht du kannst keine Nordlichter fotografieren, nur musst du dann mit längeren Verschlusszeiten oder höheren ISO Werten leben.




Wie stellst du deine Kamera ein?


Start-Einstellungen in der Übersicht

  • Stativ: Verwende unbedingt ein Stativ.

  • Manueller Modus: Wähle den manuellen Modus an deiner Kamera, um volle Kontrolle über die Einstellungen zu haben.

  • Bildformat: Möglichst RAW verwenden.

  • Bildstabilisator: Abschalten, Kameraintern und am Objektiv.

  • Fokus: Manuellen Fokus wählen, AF abschalten.

  • Blende: Öffne die Blende auf die größtmögliche Öffnung deines Objektivs (niedriger Blendenwert, z.B. f/2.8 oder f/1.4), um viel Licht einzufangen.

  • ISO: Starte mit einem niedrigen ISO-Wert (z.B. 800), und erhöhe ihn bei Bedarf, um die Nordlichter gut einzufangen.

  • Belichtungszeit: Starte mit 10-20 Sekunden und passe sie je nach Bedarf an.

  • Weißabgleich: Experimentiere mit den Weißabgleich-Einstellungen, um die richtige Farbtemperatur für die Nordlichter zu finden (Wichtig wenn du im jpeg Format fotografierst), starte mit 3500K.

Nach dem ersten Testbild musst du über das weitere Vorgehen entscheiden. Bist du mit der der Belichtung nicht zufrieden? Dann findest du Hinweise zur Optimierung im folgenden Abschnitt.


Schwache Nordlichter über dem Berg Olstinden auf den Lofoten
Schwache Nordlichter über dem Berg Olstinden auf den Lofoten. | Canon R5, Samyang 14mm, f/2.4, 30s, ISO800


Einstellungen im Detail


Fokus

Du möchtest vor allem den Himmel scharf abbilden, daher musst du auf Unendlich fokussieren. Überprüfe bei Tageslicht die Unendlichkeitseinstellungen an deinem Objektiv. Markiere dir ggf. die optimale Einstellung mit einem Stift am Fokusring. Hat das Objektiv keine Skala oder du möchtest die Einstellung nachts nochmal überprüfen, dann nutze den Liveview mit maximaler Bildschirmlupe und stell auf einen möglichst hellen Stern oder den Mond scharf. Beachte die Infos unter "Tiefenschärfe".

Die Belichtung

Im Automatik-Modus wirst du nicht viel erreichen. Also wechsle in den M Modus. Die Blende wählst du maximal groß, also z.B. 1.4 oder 2.8, damit kann möglichst viel Licht in die Kamera fallen. An der Blende änderst du nun in der Regel nichts mehr. Es bleiben die Einstellungen von ISO und Verschlusszeit, diese musst du den Gegebenheiten anpassen, hier gibt es keine fixen Werte. Mach zunächst ein Testbild mit den oben genannten Einstellungen. Ist das Bild ok? Wenn es zu dunkel sein sollte erhöh den ISO-Wert und/oder verlängere die Verschlusszeit. Ist es zu hell verkleinere den ISO-Wert und/oder verkürze die Verschlusszeit. Generell ist es natürlich gut mit einem möglichst kleinen ISO Wert zu fotografieren um möglichst wenig Bildrauschen zu bekommen. Kleine ISO Werte werden aber die Verschlusszeit verlängern, wie weit, das hängt von der Intensität des Nordlichts ab und natürlich auch vom Umgebungslicht ( z.B. Vollmond). Es gibt unterschiedliche Erscheinungen von Nordlichtern, manchmal sieht man nur ein grünes, diffuses Schimmern am Himmel, dann kannst du ruhig mit längeren Verschlusszeiten arbeiten und so den ISO-Wert niedrig halten. Hat das Nordlicht allerdings eine deutliche Struktur und "tanzt" es am Himmel, dann willst du diese Linien auch klar einfangen, dann ist eine eher kurze Verschlusszeit gefragt von nicht mehr als 2-10 Sekunden. Längere Belichtungen führen zum Auswaschen der Strukturen und du erhältst wieder nur ein diffuses Licht auf dem Bild. Kurze Verschlusszeit heißt, den ISO Wert entsprechend erhöhen bis die Verschlusszeit passt und genau hier liegt auch der Grund warum du möglichst lichtstarke Objektive benötigst, den je lichtschwächer dein Objektiv ist, desto extremer muss du den ISO-Wert erhöhen. Wenn für eine Belichtungszeit von 2 Sekunden bei Blende 2 noch ISO800 reicht, benötigt man bei Blende 4 bereits ISO3200.

Unbedingt solltest du auch darauf achten, dass die Nordlichter nicht überbelichtet werden, die Überbelichtungswarnung an der Kamera sollte aktiv sein und du solltest regelmäßig das Histogramm kontrollieren, gerade an den "Kanten" kann es schnell passieren, dass das Licht nicht mehr grün sondern weiß (ausgebrannt) erscheint und das möchtest du im späteren Bild natürlich nicht sehen. Die Intensität des Nordlichts kann manchmal sehr stark variieren, sodass du die Kameraeinstellungen (ISO und Verschlusszeit) ständig nachregulieren musst.

Nordlichter über einer verschneiten Strasse in Island
Island, sehr starke Nordlichter am ganzen Himmel. Hier sieht man, dass an einigen Stellen die untere "Kante" der Lichter kurz davor ist überbelichtet zu werden. | Canon 6D, Samyang 12mm, f/2.8, 10s, ISO800

Nordlichter über dem Skogarfoss in Island
Skogarfoss in Island, sehr dunkle Nacht und sehr schwaches und diffuses Nordlicht, der Wasserfall wurde mit einer Taschenlampe aufgehellt | Canon 5D Mark IV, Samyang 14mm, f/2.5, 30s, ISO 2500

Tiefenschärfe/Vordergrund

Noch ein Wort zur Blende, bei sehr großen Blenden wird auch bei Verwendung eines Weitwinkels die Schärfentiefe unter Umständen problematisch. Der Fokuspunkt liegt bei unendlich, daher können Objekte im unmittelbarem Vordergrund durchaus unscharf werden. Sollte dies der Fall sein, sollte man ein zusätzliches Bild vom scharf gestellten Vordergrund machen und diesen dann im Postprocessing ins Bild einfügen. Ist der Vordergrund sehr dunkel, kannst du ihn ggf. mit einer Taschenlampe kurz aufhellen um den Fokus korrekt zu setzen. Danach musst du natürlich daran denken, für weitere Nordlicht-Bilder wieder auf unendlich zu fokussieren. Mit dem DoF-Rechner von Photopills kann man im Vorfeld abschätzen, ob ein Problem entstehen könnte, manche Kameras zeigen den Tiefenschärfebereich auch an.

Ein zusätzliches Bild vom Vordergrund kann auch nützlich sein, um das Rauschen zu reduzieren, den du kannst das Bild deutlich länger belichten, bei niedrigeren ISO Wert. Außer Elemente im Vordergrund bewegen sich (z.B. Eisschollen auf dem Wasser), dann musst du vielleicht sogar noch kürzere Verschlusszeiten und höhere ISO Werte wählen, als das für die Nordlichter notwendig war.



500er Regel/NPF Regel

In sehr dunklen Nächten mit schwachen Nordlichtern, muss man zusätzlich die "500er-Regel" beachten. Diese Regel besagt, dass die Belichtungszeit nicht länger sein darf als 500/Brennweite, also bei einem 24mm Objektiv an einer Vollformatkamera 500/24=20s, an einer APSC Kamera (z.B. Fuji X-S20) mit 13mm Objektiv ergibt sich 500/(13x1.5)=25s. Wählt man längere Belichtungszeiten werden die Sterne nicht mehr als Punkte dargestellt sondern als Linien, das resultiert aus der Erdrotation.

Die 500er Regel ist ein erster Anhaltspunkt, liefert aber oft zu lange Belichtungszeiten, sicherer/besser ist die NPF Regel, die Werte nach dieser Regel lassen sich z.B. in der Photopills-App berechnen. Hier gehen neben der Brennweite u.a. die Auflösung der Kamera und die verwendete Blende in die Berechnung mit ein. Für das obige Beispiel der Fuji X-S20 ergibt sich nach der NPF Regel eine maximale Belichtungszeit von nur 11s, berücksichtig man noch große Drucke, dann sind es nur noch 6s. Man sieht, die Werte weichen stark voneinander ab. Sind die Bilder "nur" für Instagram gedacht, kann man sicher die einfachere 500er Regel nutzen, will man später aber große Drucke erstellen, dann sollte man die NPF Regel beachten.



Nützliche Webseiten und Apps







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